Eine Hilfestellung zur Auswahl einer geeigneten Blockflöte

Um es gleich vorweg zu sagen: Für die ersten Jahre Blockflötenunterricht der Musikschule empfehle ich aus voller Überzeugung Sopranblockflöten aus Kunststoff. Beim Wechsel zur Altblockflöte ist dann wieder Holz angesagt, und das nur, weil es eine deutsche Firma geschaffte hat, zu einem günstigen Preis (um 300,- Euro) eine recht gut gebautes Instrument auf den Markt zu bringen.

Viele Blockflötenlehrer weigern sich immer noch mit Kunststoffinstrumenten zu arbeiten. Die Urteile gegen diese Instrumente sind sehr verschieden. Einigen ist das Material zu unnatürlich, andere behaupten, dass diese Instrumente reine Spielsachen seien, die sich nicht zum Musizieren eignen können. Ich selbst befasse mich über 30 Jahre mit der Blockflöte. In Konzerten spiele ich professionelle Instrumente, deren Preis nicht unter 1450,- Euro liegt (übrigens ist das eine Preislage, die die meisten Musiker nur müde lächeln lässt). Auf der Suche nach guten Schülerinstrumenten probiere ich immer wieder neue Instrumente aus. Letztendlich habe ich mich für die Verwendung von Kunststoffinstrumenten im Unterricht entschieden, und dafür war ausschließlich die Qualität der Instrumente ausschlaggebend.

Bressan

Abb. 1: Blockflötenquartett von Pierre Jaillard Bressan; spätes 17. Jh., Grosvenor Museum, Chester

Ich möchte im Folgenden meine Gründe dafür darlegen:

Hochwertige Blockflöten sind nach Vorbildern des 16. - 18. Jahrhunderts gefertigt. So werden z.B. die Blockflöten von Pierre Jaillard Bressan (um 1700) von vielen anerkannten Herstellern kopiert. Der hier abgebildete Instrumentensatz stammt von ihm. Andere große Vorbilder des Barock sind Denner, Stanesby, Debey, Steenbergen, Bizey, Rippert, Hotteterre. Für Kopien von Renaissance- und Frühbarockflöten werden Instrumente von Kynsecker und anonym gebliebener Bauer herangezogen. Beliebt ist das sogenannte "Ganassi-Modell". (Siehe den Artikel Jenseits des "Blockflötenquartetts") Nicht musealer Ehrgeiz treibt moderne Hersteller zu solch einer aufwendigen Arbeit. Es ist der einzigartige Klang der alten Instrumente, der diesen Aufwand rechtfertigt.

Für die Bohrung des Instrumentes braucht ein Blockflötenbauer nicht viel Zeit. Zeit erfordert erst die Nacharbeit. Der Windkanal wird in langwieriger Handarbeit verfeinert. So muss, um ein optimales Ergebnis zu erzielen, der Windkanal z.B. eine winzige, nicht sichtbare Wölbung aufweisen, die den Luftstrom zum Labium hin verdichtet. Die Bohrung und die Grifflöcher müssen anschließend nachgearbeitet werden. Immer wieder muss das Instrument auf Spielbarkeit und Intonation überprüft werden. Bis eine hochwertige Blockflöte verkauft werden kann, vergehen Tage. Fertig ist das Instrument jedoch noch nicht.

Den nächsten Part bei der Fertigstellung spielt nämlich der neue Besitzer. Er muss das Instrument einspielen, das dauert Monate, manchmal Jahre. Es kann vorkommen, dass die Blockflöte in dieser Zeit mehrfach vom Blockflötenbauer nachgearbeitet werden muss, bis das Instrument endlich ausgereift ist.
Diese Arbeit kostet leider sehr viel Zeit und Geld. Alle billigeren Instrumente müssen auf eine angemessene Bearbeitung verzichten, sie sind so konzipiert, dass ein Nacharbeiten nicht notwendig wird, leider auf Kosten der Qualität.

Vanitas

Abb. 2: Jan Davidszoon de Heem der Ältere: "Vanitas" (Ausschnitt), 1664, Musées Royaux des Beaux Arts, Brüssel

Mollenhauer kann sein Modell Denner-Morgan, bei welchem die Bauprinzipien von alten Originalen berücksichtigt werden, auch nur deswegen so preiswert anbieten, weil fast alles mit Maschinen in großen Stückzahlen gemacht wird. Allenfalls bei der Nachkontrolle ist dann noch ein wenig Handarbeit gefragt. Die handgefertigte "Denner-Edition" kostet schon über 1100 Euro.

Die Schulblocklflöten aus Holz, die meistens für den Blockflötenunterricht verwendet werden, haben mit diesen Konzertblockflöten fast nichts gemein. Der Windkanal ist äußerst primitiv gestaltet, keine Hand hat da mitgeholfen. Eine Komprimierung des Luftstroms wird hierbei erzielt, indem man Block und Decke des Windkanals einfach zum Labium hin verengt zusammenführt. Jede weitere Verfeinerung wäre schlicht und einfach zu teuer. Nur so kann eine solche Blockflöte für 40,- bis 60,- Euro hergestellt werden. Tongestaltung wie bei einem professionellen Instrument ist so unmöglich. Ein Musiker wird bei diesen Instrumenten der wichtigsten Gestaltungsmöglichkeit für die Interpretation beraubt, vergleichbar einem Maler, der mit einem Bleistift einen Regenbogen malen soll.

Mit Kunststoff lässt sich eine Blockflöte da schon viel besser bauen. Sie wird einfach gegossen, die Gussvorlage bestimmt die Qualität. Man kann den Windkanal formen, fast wie bei professionellen Instrumenten, ohne dass Handarbeit nötig wäre und ohne dass die Blockflöte jemals nachgearbeitet werden muss. So kann man für etwa 20,- Euro eine recht gute Sopranblockflöte bauen, die es mit jeder Schulblockflöte aus Holz aufnehmen kann. Ein großer Vorteil ist es auch, dass Kunststoff viel unempfindlicher ist als Holz. Ich weiß, es klingt unglaublich: Kunststoffblockflöten kann man tatsächlich in der Spülmaschine reinigen!

Für die Qualität des Materials Kunststoff spricht, dass mittlerweile selbst die traditionellen Blockflötenhersteller Kunststoffblockflöten anbieten. Natürlich habe ich auch die Blockflöten dieser Firmen geprüft. Leider finden sich dort die gleichen Fehler wie bei billigen Holzblockflöten - der Windkanal ist genau so primitiv. Die Instrumente der japanischen Firmen ZenOn und Yamaha sind da schon eher an Blockflöten des Barock orientiert. Daher habe ich mich für Instrumente dieser Firmen entschieden.

Wieso dann Altblockflöten aus Holz und nicht aus Kunststoff?

Das Problem ist die Länge des Windkanals. Einen Teil der Atemfeuchtigkeit kondensiert im Windkanal von größeren Blockflöten zu kleinen Wassertröpfchen. Die Blockflöte verstopft, wenn diese Feuchtigkeit nicht vom Block aufgesaugt werden kann, wozu Kunststoff nun mal nicht in der Lage ist. Der Block von Holzblockflöten besteht aus einem sehr weichen Holz, welches die Kondensation meistens verhindern kann.